Samstag, 27. Februar 2016

Vom angekommen sein und Neubeginn

Moin meine lieben Leute,

es tut mir wirklich leid, dass das mit dem regelmäßigen schreiben nicht ganz so klappt, auch wenn ich mir das fest vorgenommen hatte.

Hier ist aber auch immer sehr viel zu tun, sodass man gar nicht dazu kommt, vor allem jetzt, wo die Schule mach langer Zeit wieder anfgefangen hat.
Nachdem ich in der ersten Februarwoche einen Sprachkurs genommen habe, um die exotischeren Formen zu lernen, heißt es nun seit drei Wochen um fünf Uhr aufstehen, um den Bus zur Schule bekommen, der schon vor um 6.00 Uhr abfährt. Bisher habe ich ihn aber noch kein einziges Mal verpasst, was ganz schön was bedeutet.
Die, die mich kennen wissen, dass ich es nicht so mit Pünktlichkeit habe, aber (auch wenn es komisch klingt, weil ich in einem Lateinamerikanischen Land bin) habe ich es mit dem Zeitmanagement deutlch besser drauf als früher. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich Zeit viel mehr zu schätzen gelernt habe und weiß, dass mir hier nicht mehr viel Zeit bleibt.

Zum neuen Schuljahr habe ich meine Schule aus verschiedenen Gründen gewechselt und gehe nun auf die Schule meiner Cousine. Eigentlich war geplant, dass ich auch in ihre Klasse komme, aber wie es hier üblich ist hat etwas mit der Organisierung nicht so ganz geklappt und bin in der Parallelklasse gelandet, womit ich aber gar nicht unglücklich bin.
Bei meiner Schule handelt es sich um eine katholische Privatschule, die von Nonnen geführt wird.
Ich zwar weder katholisch, konservativ oder ein Fan von strengen Regeln, aber eine Erfahrung ist es alle Mal wert. Außerdem muss ich in allen Fächern voll mitmachen. Es wird erwartet, dass ich jede Hausaufgabe habe und auch in den Examen gut abschneide. Das konsequente Hausaufgaben würde ich in Deutschland eher als eine meiner Schwächen bezeichen, aber hier nehme ich das wirklich ernst, weil mich das sprachlich deutlich weiterbringt. Meine Nachmittage verbringe ich nicht unfreiwillig mit lesen, übersetzen von komplizierten Wörtern, Texte schreiben und neue Vokabeln lernen.
Ansonsten bin ich mit meiner Familie am quatschen oder mit ihnen oder Freunden unterwegs.

Letztes Wochenende war ich in einer der gefährlichsten und ärmsten Orte in Costa Rica. Darüber werde ich aber wann anders noch mal etwas berichten, weil das, was ich dort gesehen habe wichtiger ist, als ein Satz in einem Blogeintrag.
Am Sonntag hatte meine Gastmama Geburtstag und wir sind beim Vulkan Poas gewesen. Wir waren aber nicht gerade die einzigen, die sich überlegt haben an einem schönen Sonntag dorthin zu fahren. Gefühlt ganz Costa Rica war am Vulkan versammelt, was den schönen Ausblick etwas getrübt hat. Allerdings konnte mir garnichts den Tag versauen, denn im Gegensatz zu meinem letzten Ausflug haben wir es geschafft mich als Tica umsonst in den Nationalpark zuschmuggeln. Vielleicht die Menschen beim Eingang einfach etwas unfähiger als beim Vulkan Irazu oder ich benehme mich wirklich nicht mehr ganz so 'ausländisch'. 


Wenn wir schon mal beim Thema reisen sind.. Ich habe schon deutlich mehr von Costa Rica gesehen und auch schon deutlich mehr gemacht, als die meisten Ticos, die schon ihr ganzes Leben hier sind. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob das ein typisches Phänomän ist oder an der faulen Art der Ticos liegt. Mir kommt es aber traurig vor, dass die Menschen hier in so einem schönen Land wohnen, aber ihre Möglichkeit nicht nutzen, so viel davon zu sehen, wie sie können.
Viele Menschen hier haben echt nicht viel Geld, aber bestehen trotzdem auf Bequemlichkeit und Luxusartikel, wie wir es nicht einmal in Deutschland mit deutlich mehr Reichtum kennen.
Wenn ich hier jemandem erzähle, dass ich hauptsächlich mit dem Bus unterwegs bin, auch sieben Stunden an den Strand, werde ich angeguckt, als wäre ich verrückt. Aber dann beschweren sie sich, dass sie nicht an den Strand können, weil das mit dem Auto so teuer ist.

Hier herrscht eine Einstellung, die ich oft nicht so mit meiner verbinden kann, im positiven und im negativen Sinne. Die Welt wird hier einfach sehr anders gesehen.
Es wird immer gesagt, dass Austausch Anpassen bedeutet. Ich glaube aber, dass dies nicht stimmt. Ich glaube, dass Austausch nichts anderes als Autausch bedeutet.
Ich sehe anders aus, ich denke anders und ich bin anders als die Menschen hier. Aber das ist nichts schlimmes und erst recht kein Hindernis.
Es wird immer gesagt, dass man die Dinge hier einfach akzeptieren und ich sich daran anpassen sollte. Ich bin aber der Meinung, dass auch das nicht stimmt.
Natürlich bin ich hergekommen, um zu lernen und mir Neues anzuschauen. Aber ich bin auch hier, um den Menschen zu zeigen, wie meine Sicht der Dinge aussieht.
Auch wenn ich die Menschen mit ihrer Kultur verstehe, heißt es nicht, dass ich das einfach blind annehmen sollte.
Ich bin die Ausländerin hier und das wird sich auch nicht ändern. Trotzdem bin ich nicht außenvor, sondern gehöre dazu und werde dafür geschätzt, dass ich die Dinge anders sehe oder bei Sachen nachfrage, die alle für selbsterverständlich halten.
Früher ist mir das nie so aufgefallen, weil alles so extrem neu war und ich sowieso nicht verstanden habe, was geredet wurde. Aber jetzt, wo mich nicht ständig etwas kulturelles überrascht und ich mich an einer neuen Schule neu einfinden musste, ist es für mich umso wichtiger geworden einige deutsche Eigenarten beizubehalten und andere auf die Unterschiede aufmerksam zu machen.

Meine beste Freundin, die in Neuseeland war, hat in jedem ihrer Blogeinträge geschrieben, dass sie noch mehr in ihrem Land angekommen ist. Jedes Mal wieder. Und sie hat Recht. Es gibt keinen Moment, wo man komplett ankommt, sondern es ist ein Prozess, der immer weiter fortschreitet bis man weiß wer man selber ist und wer man sein will.

Ich hoffe, es geht euch allen gut und bei euch wird es bald so schön warm, wie es hier ist.
Pura Vida
Leonie