Montag, 21. September 2015

Das (un)perfekte Paradies

Hey ho,

ich merke langsam, dass ich echt schreibfaul werde, obwohl es so unglaublich viel zu berichten gibt.
Allerdings habe ich auch immer weniger Zeit, weil es hier so viel zu tun gibt und es reißt einen jedes Mal wieder aus dem Spanisch und es wird einem so richtig bewusst, dass neben dem Leben hier auch noch ein anderes existiert.
Mitlerweile habe ich mich glaube ich richtig gut eingelebt und rege mich wie ein normales Familienmitglied auch mal über Kleinigkeiten auf, zum Beispiel weil das Eis alle ist, was wir erst gestern gekauft haben. Trotzdem vergesse ich die Worte meiner besten Freundin nicht, dass man immer denkt, sich noch besser eingelebt zu haben und das mit der Sprache ist auch noch deutlich ausbaufähig. Aber ist ja nur gut, wenn alles noch besser wird.
Allgemein verbringe ich viel Zeit mit der Familie. Eine bessere Familie hätte ich echt nicht bekommen können. Es gibt immer etwas zu bereden, zu lachen oder zum Augen verdrehen. Außerdem unternehmen wir eine Menge, was wie ich nach zahlreichen Unterhaltungen mit anderen Austauschschülern am letzten Wochenende nicht selbstverständlich ist.
Mitlerweile glaube ich auch, dass meine Costa Rica Karte am Ende des Jahres vollständig markiert sein wird und dass obwohl meine Familie nicht viel Geld hat und die Schule meiner Schwester schon fast unverschämt teuer ist.


Dafür dass sie und ich auf eine bilinguale Privatschule gehen, ist der Unterricht echt furchtbar. Es gibt ja wirklich viel am deutschen Schulsystem zu bemängeln, aber eigentlich ist das total unbegründet, wenn man das mit hier vergleicht.
Hausaufgaben mache ich auch selten bis nie und während Klassenarbeiten beobachte ich entweder meine Mitschüler die absolut keine Ahnung vom Thema haben oder lache mich innerlich kaputt, weil ich weiß, dass ich so oder so durchfallen werde.
Zur Schule gehe ich also eigentlich nur wegen den Leuten. Mitlerweile verstehe ich auch so gut wie immer den Kontext, aber kann mich in Gruppengesprächen meist nur bedingt einbringen.
Mit der anderen Deutschen hatte ich anfangs kaum etwas zu tun, aber mitlerweile verstehen wir uns echt gut. Vielleicht zu gut, weil das doch auf eine Menge Deutsch hinausläuft, auch wenn uns ständig jemand  zuruft, dass man in Costa Rica nur Spanisch sprechen darf.
 Ein bis zwei Mal in der Woche mache ich etwas mit Freunden. Meistens sind wir dann in der Stadt oder einer Mall unterwegs. Davon gibt es hier echt richtig viel verschiedenes, sodass ich bisher kaum öfters am selben Ort unterwegs war.
Deshalb wird meine Orientierung in all diesem direkt aneinander gereihten Städten auch langsam besser. Normalerweise kriege ich so etwas zwar recht schnell auf die Reihe, aber da es meiner Familie lieber ist mich überall hinzufahren bzw. abzuholen merke ich mir das alles aus Bequemlichkeit nicht gleich.

Letzte Woche Dienstag war der wichtigste Tag Costa Ricas. El día de la Independencia oder auf Deutsch der Unabhängikeitstag.
Am Abend davor ist es Tradition Umzüge mit Laternen zu veranstalten. Die Kinder laufen dann mit meist selbstgebastelten Laternen durch die Gegend, die immer irgendetwas mit Costa Rica oder der Flagge zu tun haben. Das ganze hört sich an wie das Laternelaufen in Deutschland, aber unterscheidet sich doch irgendwie etwas davon. Zum Beispiel fährt ganz vorne ein Auto mit einer riesigen Musikanlage, die Costa Ricanische Musik spielt, wo fast alle mitsingen können. Außerdem ist das ganze um einiges chaotischer, weil die Straßen nicht gesperrt werden. Überall sind Leute, Autos, Busse und Haustiere durcheinander.
Diese Tradition stammt übrigens daher, dass damals irgendwelche Offiziellen die Unabhängigkeit in ganz Mittelamerika von Guatemala bis Cartago in San Jose verbreitet haben. In Guatemala brennt seitdem das Unabhängigkeitsfeuer an dem jedes Jahr eine Fackel angezündet und von Schülern bis Cartago weitergegeben wird. Auch unsere Schule war daran beteiligt, was ich aber leider nicht gesehen habe, weil ich ja auf einem anderen Umzug war.
Am Unabhänigkeitstag indentifizieren sich so gut wie alle durch ihre Kleidung mit Costa Rica. Entweder durch Jeans, mit weißer Bluse und Halstuch, was die Tracht der Männer ist oder auch durch ein Fußballtrikot. Die Tracht der Frauen tragen eigentlich nur Kinder.
Eigentlich haben auch alle Leute frei, aber wir mussten zur Schule und hatten unsere eigenen Feierlichkeiten. Mehr oder weniger Freiwillig bin ich dabei in ein Theaterstück geraten, was traditionell aufgeführt wird und ansonsten gab es noch Tänze, jede Menge reden darüber wie schön Costa Rica doch ist und traditionelles Essen.
Wir beiden Deutschen haben uns dann mal wieder darüber gewundert wie lang die Nationalhymne doch ist, bis uns auffiel, dass die Deutsche das auch wäre, wenn die ersten beiden Strophen nicht verboten wären.
Das Leben hier ist auch sonst absolut Pura Vida, aber an diesem Tag habe ich noch einmal richtig gemerkt, wie schön das Leben ist, wenn man alles einfach ganz entspannt angeht und sich keine Anforderungen stellt.






Was es außerdem noch wichtiges zu berichten gibt, ist letztes Wochenende zum Vulkan Arenal mit CAS. Es war mein erster und vielleicht doch nicht letzter Ausflug mit der Organisation.
Eigentlich sollten die anderen Ausflüge nur für CAS und nicht für uns von YFU sein, aber anscheinend hat es geholfen des öfteren noch mal nachzuhaken. Aber diese Information ist nur ein kleiner Teil eines Runrum perfekten Wochenendes.
Wir sind am Samstagmorgen aufgebrochen und waren Samstag Abend wieder in San Jose. Allein die Busfahrt, auf der wir sogar ein Faultier gesehen haben, war die Reise schon wert. Es war eine wirklich besondere Erfahrung bei einer Autofahrt mal keine große Anstrengung zum Augleichen von Straßenunebenheiten aufbringen zu müssen.
Um meinen Aufenthalt am Vulkan kurz zu fassen: Alle die vorhaben mal vorhaben dem wunderschönen Land Costa Rica einen Besuch abzustatten, müssen unbedingt auch zum Vulkan.
Wir hatten Glück, denn als wir beim Aussichtspunkt waren, nahmen uns keine Wolken die Sicht auf den Vulkan.
Im dunklen waren  wir dann in Termalquellen baden, die nicht ganz so naturbelastet waren, wie wir angenommen hatten. Aber die Ticos haben es eindeutig besser drauf Wasserrutschen zu bauen als die Deutschen.
Am Sonntag hatten wir dann die Auwahl zwischen Canopy und dem Wasserfall 'La Fortuna'. Da ich Canopy schon mal gemacht habe, fiel mir die Entscheidung entsprechend leicht und bereue sie in keinster Weise.


Hier in Costa Rica wird mir noch einmal richtig bewusst, was durch den Menschen an Schönheit alles zerstört werden kann und wie dankbar wir eigentlich sein müssten, auf so einem wunderschönen Planeten leben zu können.
Außerdem wird mir bewusst, wie dankbar ich bin frei zu sein und so eine Erfahrung wie dieses Auslandsjahr machen zu können.
Mir und auch vielen Anderen wird etwas geboten, was für viele nicht möglich ist.
Es ist ein Geschenk, was wir alles versuchen so gut es geht zu nutzen.
Auch wenn es nicht immer einfach ist, ist dies alles jede Sekunde wert und ich weiß jetzt auch ganz genau, dass ich nicht die einzige bin, die hier durch Höhen und Tiefen geht.
Ich habe das Paradies in diesem Land gefunden. Es ist zwar nicht perfekt, aber hier sind Leute die es in vielen Momenten perfekt machen, wodurch man dies alles noch viel mehr zu schätzen weiß.
Pura Vida!






























Dienstag, 8. September 2015

Deutschland in Costa Rica

In meinen drei Wochen, die ich jetzt hier bin, habe ich nicht nur schon eine Menge über die Lebenseinstellung der Menschen in Costa Rica gelernt, sondern auch, wie Deutschland gesehen und über die Menschen gedacht wird. Dies zu hören ist mindestens genauso interessant. Außerdem lerne ich auch vieles in Deutschland immer mehr zu schätzen.
Ich habe mich immer gefragt, wer auf die Idee kommen kann, ein Auslandsjahr in Deutschland zu machen. Dabei hatte ich hauptsächlich an die Natur, das Wetter und die Sprache gedacht, was wohl alles drei nicht gerade für einen Auslandsaufenthalt in Deutschland spricht.
Aber hier werden mir viele Gründe gezeigt, die für ein Auslandsjahr in Deutschland sprechen.
In Costa Rica gibt es außer der Natur und Kaffee nicht wirklich etwas. Dieses Land hat im Gegensatz zu meinem Heimatland keine Geschichte, keine besonderen Vorkommnisse und außer dem groß gefeierten Nationalfeiertag wenig Traditionen. Das Leben war hier eben schon immer gemütlich.
Deutschland wird sehr bewundert für seine Fleißigkeit und Stärke in vielen Bereichen.
Außerdem werden die Deutschen als eine Art Einheit angesehen, die es nach dem Wiederaufbau zu einer großen Wirtschafts- und Fußballnation gebracht hat.
Wenn ich erzähle, dass eine Art richtigen Nationalstolz in Deutschland nicht gibt und viele Leute woanders hin wollen, stoße ich auf Unverständnis.
Wenn ich erzähle, dass die Deutschen immer mehr und immer bessere Dinge haben wollen, stoße ich auf Unglauben.
Die Leute hier sehen Deutschland als Vorbild, obwohl sie es nicht genauso machen wollen, da das viel zu anstrengend wäre.
Viele wollen unbedingt mal nach Deutschland oder waren schon mal da und sind sehr beeindruckt zurückgekehrt.
Allerdings ist es auch nicht so, dass jemand gerne in Deutschland leben würde. Dafür lieben die Menschen hier Costa Rica viel zu sehr. Sie bewundern Deutschland lieber von der anderen Seite der Welt aus und schimpfen über die Politik, die hier nichts auf die Beine stellt.

Eine andere Sache ist, dass ich hier weniger ein Individuum bin, sondern mehr 'La Alemana'. Davor wurde ich zwar gewarnt, aber es hat mich trotzdem überrascht, dass das so ausgeprägt ist.
Man muss aufpassen was man sagt und tut, denn wenn es etwas falsches ist, dann versaut man zusätzlich zum eigenen Ruf auch noch den Ruf den die Deutschen hier haben.
Aber der Druck wird von Tag zu Tag weniger, besonders wenn man merkt, dass man hier als Person willkommen ist und auch mehr oder weniger richtige Gespräche führen oder zumindest mitverfolgen kann.
Im Gegensatz zu den Deutschen wird man hier sofort in sein Herz geschlossen und meine Familie fragt sich jetzt schon, wie sie den Abschied überstehen sollen, auch wenn ich noch fast ein ganzes Jahr hier bin und sie mich aufgrund meiner Sprachkenntnisse noch gar nicht ganz kennenlernen konnten.

Dienstag, 1. September 2015

Alltag in Costa Rica

Hey ho,
da ich heute nicht in der Schule bin, weil meine Schwester etwas krank ist, nutze ich die Zeit mal, um euch einen kleinen Einblick in meinen Alltag zu verschaffen.
Da ich recht nahe am Äquator wohne, geht die Sonne früh auf und früh unter. Dementsprechend ist auch der Tag aufgebaut. Unter der Woche stehen meine Schweste und ich um 5:15 auf, mit der Hoffnung, dass das Wasser warm ist. Es ist jeden Tag dasselbe: ich gehe frühstücken und sie duschen, danach tauschen wir. Meine Gasteltern sind zu dem Zeitpunkt meistens schon auf dem Weg zur Arbeit. Also sind wir beiden die letzten die das Haus verlassen, wenn wir um 6:00 vom Schul-Shuttle abgeholt und zur Schule gefahren werden.
Die Fahrt dauert ewig, also eine Stunde, weil jeder direkt vor der Haustür abgeholt wird und ich kann die Strecke jetzt schon fast auswendig. Anfangs war es echt spannend einfach aus dem Fenster die Straßen entlang zugucken, aber mitlerweile werde ich nur wieder müde im Bus.

Ich gehe auf eine Privatschule, die pro Jahrgang nur eine Klasse hat und jeder jeden irgendwie kennt. Deshalb gibt es auch nicht so eine tyische Cliquenbildung, sondern eine Schulgemeinschaft, wo man mit den Einen weniger und mit den Anderen halt weniger zu tun hat.
Die Schule beginnt um 7:00 und man hat jeden Tag außer am Freitag 10 Schulstunden Unterricht. Das hört sich viel an, ist auch viel, aber gar nicht mal so anstrengend, weil die das alles nicht so genau nehmen. Die Lehrer und Schüler gehen irgendwann in den Klassenraum und gehen teilweise eine halbe Stunde früher schon wieder in die Pause.
Man sollte meinen, dass sich das viele Geld für so eine Privatschule auszahlt, aber das glaube ich eher weniger.
Der Unterricht besteht darin, dass der Lehrer oder die Lehrerin irgendwas an die Tafel schreibt und mehr oder weniger erklärt und in den Sprachen werden irgendwelche Texte gelesenn und später irgendwelche Fragen bearbeitet, dessen Antwort man eins zu eins aus dem Text entnehmen kann.
Eigentlich kann ich Englisch überhaupt nicht leiden, aber hier habe ich gerne Englischunterricht. Ich bin mir nicht so sicher, ob das hier eine Bilinguale Schule ist, aber Health, Sozial Science und Literature wird auf Englisch unterrichtet. Das ist zwar eine Art Englisch für Idioten, aber immerhin kann ich alles verstehen und manchmal ist das gar nicht mal so uninteressant.
Einige der Unterrichtsthemen sind aber doch etwas gewöhnungsbedürftig. Es gibt Computerunterricht, wo die an einem Projekt oder so arbeiten was sie sich selber aussuchen dürfen und müssen das auch nicht vorstellen.
In Mathe werden einfach irgendwelche Beispiele für Formeln angeschrieben und die Lehrerin wundert sich, dass das keiner versteht und die Leute in Mathe regelmäßig durchfallen.
In Health haben wir über Gewalt und wie man sie vermeidet eine Unterrichtseinheit gehabt. Für alle die das noch nicht wissen: Man greift nicht einfach Jemanden an, nur weil der etwas gesagt hat, was einem nicht gefällt, sondern man sagt deutlich, dass einem das nicht gefällt. Außerdem sollte man nicht irgendwo hingehen, wo die Leute sehr kriminell sind. Wenn noch jemand fragen zu dem Themengebiet hat, scheut nicht mich zu fragen, denn ich bin Profi auf dem Gebiet.
Mein absolutes Lieblingsfach ist allerdings Französisch. Als die Lehrerin das erste Mal in den Klassenraum kam und anfing irgendwas zu erzählen, dachte ich, dass das wohl ein Scherz sein muss. Ich spreche kein Wort französisch und habe genug zu tun mit den drei Sprachen die ich mehr oder weniger kann. In Französisch lesen die irgendeinen Text, obwohl die Schüler das alles nicht aussprechen können und reden dann so halb in Spanisch und halb in Französisch drüber. Wenn ich dann frage worum es geht, erklären die mir das auf Englisch und ich mache mir dann auf Deutsch meine Gedanken darüber. Das war dann doch etwas zu viel des Guten und jetzt lese ich in den Unterrichtsstunden immer ein spanisches Buch für Grundschüler, mit der Hoffnung wenigstens das zu verstehen.
In den Pausen habe ich bisher immer mit unterschiedlichen Leuten was gemacht, wodurch es nicht so einfach ist, richtige Freunde zu finden. Klar alle Leute sind extrem nett und kommen auch viel auf einen zu, aber das ist mehr so oberflächlich. Jetzt, wo es darum geht echte Freunde zu finden, ist das mit der Sprache schon echt ein Problem. Es ist eine echte Herausforderung Gespräche aufrecht zu erhalten. Vor allem weil ich immer mit drei Sprachen gleichzeitig zu schaffen habe. Viele wollen leider mit mir Englisch reden oder etwas auf Deutsch hören und plötzlich geht es dann auf Spanisch weiter.
In einem Moment denkt man auf dem richtigen Weg zu sein und im Nächsten steht man da und versteht garnichts. Andersherum genau dasselbe.
Mit einer aus meiner Klasse verstehe ich mich aber besonders gut. Sie redet viel und nur auf Spanisch. Außerdem nimmt sie echt viel Rücksicht auf mich und versucht mir jedes Wort, dass ich nicht verstehe auf Spanisch zu erklären - was sehr viele Worte sind.
Letzten Freitag war ich dann auch bei ihr Zuhause und später noch mit ihr in einer Mall. Nun bin ich immer willkommen bei denen Zuhause, wenn ich nur vorher Bescheid sage, damit die Haushällterin genug zu Essen kocht.

Ansonsten bin ich an den Nachmittagen meistens Zuhause. Das ist auch gar nicht so langweilig weil es bei meiner Familie immer etwas zu bereden und zu lachen gibt.
Manchmal bin ich auch mit den Freunden von meiner Schwester unterwegs. Das ist zwar ganz nett, aber wenn man zu Gesprächen nichts beitragen kann, ist das auch nicht so spannend.
Weil die Sonne früh untergeht und abends nach dem langen Tag müde sind, gehen wir im Gegensatz zu deutschen Verhältnissen echt früh ins Bett. Das ist auch gut so, denn ich bin jeden Abend echt richtig müde.

Hier lebe ich also auch ein ganz normales Leben mit einem ganz normalen Alltag, nur dass dieser komplett anders aussieht und ganz andere Dinge passieren, als in Deutschland.