In meinen drei Wochen, die ich jetzt hier bin, habe ich nicht nur schon eine Menge über die Lebenseinstellung der Menschen in Costa Rica gelernt, sondern auch, wie Deutschland gesehen und über die Menschen gedacht wird. Dies zu hören ist mindestens genauso interessant. Außerdem lerne ich auch vieles in Deutschland immer mehr zu schätzen.
Ich habe mich immer gefragt, wer auf die Idee kommen kann, ein Auslandsjahr in Deutschland zu machen. Dabei hatte ich hauptsächlich an die Natur, das Wetter und die Sprache gedacht, was wohl alles drei nicht gerade für einen Auslandsaufenthalt in Deutschland spricht.
Aber hier werden mir viele Gründe gezeigt, die für ein Auslandsjahr in Deutschland sprechen.
In Costa Rica gibt es außer der Natur und Kaffee nicht wirklich etwas. Dieses Land hat im Gegensatz zu meinem Heimatland keine Geschichte, keine besonderen Vorkommnisse und außer dem groß gefeierten Nationalfeiertag wenig Traditionen. Das Leben war hier eben schon immer gemütlich.
Deutschland wird sehr bewundert für seine Fleißigkeit und Stärke in vielen Bereichen.
Außerdem werden die Deutschen als eine Art Einheit angesehen, die es nach dem Wiederaufbau zu einer großen Wirtschafts- und Fußballnation gebracht hat.
Wenn ich erzähle, dass eine Art richtigen Nationalstolz in Deutschland nicht gibt und viele Leute woanders hin wollen, stoße ich auf Unverständnis.
Wenn ich erzähle, dass die Deutschen immer mehr und immer bessere Dinge haben wollen, stoße ich auf Unglauben.
Die Leute hier sehen Deutschland als Vorbild, obwohl sie es nicht genauso machen wollen, da das viel zu anstrengend wäre.
Viele wollen unbedingt mal nach Deutschland oder waren schon mal da und sind sehr beeindruckt zurückgekehrt.
Allerdings ist es auch nicht so, dass jemand gerne in Deutschland leben würde. Dafür lieben die Menschen hier Costa Rica viel zu sehr. Sie bewundern Deutschland lieber von der anderen Seite der Welt aus und schimpfen über die Politik, die hier nichts auf die Beine stellt.
Eine andere Sache ist, dass ich hier weniger ein Individuum bin, sondern mehr 'La Alemana'. Davor wurde ich zwar gewarnt, aber es hat mich trotzdem überrascht, dass das so ausgeprägt ist.
Man muss aufpassen was man sagt und tut, denn wenn es etwas falsches ist, dann versaut man zusätzlich zum eigenen Ruf auch noch den Ruf den die Deutschen hier haben.
Aber der Druck wird von Tag zu Tag weniger, besonders wenn man merkt, dass man hier als Person willkommen ist und auch mehr oder weniger richtige Gespräche führen oder zumindest mitverfolgen kann.
Im Gegensatz zu den Deutschen wird man hier sofort in sein Herz geschlossen und meine Familie fragt sich jetzt schon, wie sie den Abschied überstehen sollen, auch wenn ich noch fast ein ganzes Jahr hier bin und sie mich aufgrund meiner Sprachkenntnisse noch gar nicht ganz kennenlernen konnten.
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